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Beitrag vom 23.09.2025
Ruth Weiss, die Schriftstellerin, Journalistin und Menschenrechtlerin ist am 5. September 2025 im Alter von 101 Jahren gestorben
Sylvia Löhrmann
Ein persönlicher Nachruf von Sylvia Löhrmann, Beauftragte des Landes NRW für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur und Vorsitzende des Förderkreises Zentrum für verfolgte Künste, Solingen e.V.: "Sie war eine Brückenbauerin zwischen Kulturen, Zeiten und Kontinenten."
Sylvia Löhrmann, Staatsministerin a.D.
Beauftragte des Landes NRW für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur
Vorsitzende des Förderkreises Zentrum für verfolgte Künste, Solingen e.V. #Wir_erinnern_Wir_gestalten!
Nachruf auf Ruth Weiss im September 2025
"Ihr Wort wird weiter wirken"
Die Jahrhundertzeugin Ruth Weiss ist am 6. September 2025 im hohen Alter von 101 Jahren in Dänemark verstorben.
"Ihre Waffe sei das Wort", hat sie stets betont. Ihr Leben und ihre Mission hat sie in ihrem jüngst erschienenen Buch eindringlich beschrieben: "Erinnern heißt handeln. Mein Jahrhundertleben für Demokratie und Menschlichkeit."
Ich lernte Ruth Weiss im Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" kennen. Ihre Lebensgeschichte, ihre Haltung und ihre Persönlichkeit haben mich tief beeindruckt. Ob im Gespräch mit jungen Menschen, in interkulturellen Begegnungen oder im Austausch mit Wissenschaft und Journalismus – sie hat Brücken gebaut, Erfahrungen verbunden und Zusammenhänge aufgezeigt.
Das frühe Erleben von Unrecht in der NS-Zeit prägte ihren Kompass für Gerechtigkeit. Schon als Kind wurde sie als Jüdin ausgegrenzt und ihrer Heimat beraubt. In Südafrika erlebte sie später die Apartheid und erkannte Parallelen zur eigenen Erfahrung der Entrechtung. Diese Erfahrungen machten sie zu einer konsequenten Kämpferin gegen Rassismus, Diktatur und Unterdrückung.
Ruth Weiss´ Leben steht für Zivilcourage, Widerstand gegen Antisemitismus und die Bedeutung von Bildung. Ihre Erfahrungen in Nazi-Deutschland und im südlichen Afrika sowie ihr lebenslanges Engagement gegen Apartheid machen sie zu einer einzigartigen Zeitzeugin mit globaler Perspektive. Ihre Werke eröffnen jungen Menschen Zugänge zu Themen wie Rassismus, Kolonialismus und Judenfeindlichkeit und regen zu Empathie und Perspektivwechsel an. Ihr Wirken und auch die Ansprache junger Menschen verkörpert geradezu den pädagogischen Auftrag des "Erinnern für die Zukunft". Sie war eine Brückenbauerin zwischen Kulturen, Zeiten und Kontinenten.
Am 29. Januar 2023, kurz nach ihrem Auftritt als Hauptrednerin beim Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus im Landtag Nordrhein-Westfalen, sprach Ruth Weiss im Zentrum für verfolgte Künste vor rund 160 Zuhörerinnen und Zuhörern über ihr bewegtes Leben. 1936 musste sie mit ihrer Familie Deutschland verlassen, emigrierte nach Südafrika und stellte sich später aktiv gegen das Apartheitsregime. Sie begegnete Freiheitskämpfern wie Nelson Mandela und blieb ihr Leben lang eine Stimme für Demokratie und Menschenrechte.
Ruth Weiss wurde 1924 in Fürth geboren. Schon als Kind erlebte sie den Verlust von Heimat und Zugehörigkeit, die Entrechtung und Verfolgung ihrer Familie. Angehörige fielen den nationalsozialistischen Verbrechen zum Opfer – eine Erfahrung, die sie prägte und die sie in ihrem literarischen Werk immer wieder thematisierte.
Sie lebte unter anderem in Simbabwe, England und Deutschland und erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter 2014 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 2024 das Große Bundesverdienstkreuz, verschiedene Ehrungen aus Südafrika, die Ehrenpräsidentschaft des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland und 2022 den OVID-Preis des PEN.
"Es erfüllt uns mit Trauer und zugleich mit Dankbarkeit, diese wunderbare Frau gekannt zu haben und sie in ihrem Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung unterstützt zu haben", schreibt die Ruth-Weiss-Gesellschaft.
Ruth Weiss (1924–2025) – Das Zentrum für verfolgte Künste und sein Förderkreis trauern mit ihrer Familie und ihren Freunden. Ihr Einsatz für Demokratie und Menschlichkeit bleibt uns Verpflichtung.
Dieser Nachruf von Sylvia Löhrmann mit zahlreichen Fotos ist online unter: www.verfolgte-kuenste.com
Ein weiterer Nachruf von Sylvia Löhrmann als die Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur findet sich auf: www.antisemitismusbeauftragte.nrw
Ruth Weiss wurde am 15. September 2025 auf dem jüdischen Friedhof in Münster bestattet.
Mehr zu Ruth Weiss:
www.ruthweiss.net
Ruth-Weiss-Gesellschaft: www.ruth-weiss-gesellschaft.de
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin
Die jüdische Schriftstellerin Ruth Weiss im Portrait - Meine Schwester Sara und Mitzis Hochzeit
1924 in Fürth geboren, emigrierte Ruth Weiss 1936 mit ihrer Familie nach Südafrika. Erst spät begann sie Romane zu schreiben, darunter "Die Nottaufe" und "Der Judenweg", erschienen im Mosse Verlag. (2008)